Dieser Beitrag kann auch als gesammelter Inhalt: Grundhaltungen „Schulkinder zu Hause begleiten“; Vertiefende Praxistipps für Volksschulkinder (6 bis 10 Jahre); Vertiefende Praxistipps für Kinder in der Unterstufe in Gymnasien / Mittelschulen (10 bis 14 Jahre); im PDF Format runtergeladen werden.

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Bitte zuerst meinen Text Grundhaltungen Schulkinder zu Hause begleiten lesen. Dieser erklärt die Basis, auf die diese weiterführenden Tipps aufbauen:

Liebe Eltern!

Kinder brauchen aktive Eltern, die Orientierung geben. Das heißt in der Praxis für ein Unterstufen bzw. NMS-Kind: Eltern können gemeinsam mit den Kindern einen fixen Zeitplan entwickeln, um einen Rahmen zu halten für die Schulthemen zu Hause. Sie können sie aktiv begleiten UND ihre Selbstständigkeit stärken. In den Grundhaltungen finden Sie dafür, eine umfangreiche Einführung für Eltern. Hier folgend, finden Sie darauf aufbauende, konkrete Tipps. Diese richten sich an Sie, aber auch direkt an Ihr Kind!

Liebe Schüler/innen!

Man erzählt sich, dass immer mehr Schüler/innen die Schule vermissen, weil lernen zu Hause so anstrengend ist. Aus meiner Sicht ist es gut, wenn Eltern Euch begleiten, Euch aber dennoch Eure Eigenständigkeit lassen. Dieses Dokument ist voller konkreter Tipps, die helfen sollen, die Stimmung zuhause zu heben und das Kapitel „Schule zu Hause“ zu erleichtern. Vielleicht ist was dabei, was Euch hilft. Sucht Euch einfach das aus, was Euch anspricht!

Fixes Zeitfenster, immer gleich

Hast Du fixen, virtuellen Unterricht? Wird ohnehin vorgegeben, wann Du online anwesend sein musst? Kannst Du die Beginn-Zeit selber bestimmen, dann nutze dieses Recht und starte ein wenig später. Endlich mal nicht so früh beginnen! Gebt der biologischen Uhr von Teenagern Raum!

Gemütlich aufwachen, Online-Lesen, mit Freunden/innen chatten. Zeit zum Frühstücken! Vermeide zu knappes Aufstehen! Schau, dass Du in der Früh Zeit hast, aber bitte keinen Konsum von Fernsehen und Computerspielen in der Früh. Das schnell bewegte Bild hinterlässt ein Hirn, das fürs Lernen nicht ideal drauf ist. Dafür ist später noch genügend Zeit!

  • Dann ist es wichtig, das Smartphone ähnlich zu behandeln wie in der Schule. Auch dort darfst Du es nicht dauernd in der Hand halten. Im Idealfall bastelst Du eine „Handy-Garage“ (z.B. eine verzierte Schuhschachtel mit Deckel), stelle es lautlos und lege es bis zur Jausen-Pause rein, um konzentriert arbeiten zu können.
  • Starte dann immer AM MORGEN mit einer Studierzeit zu einer immer fixen und gleichen Zeit. Ich empfehle für Schüler/innen in Deinem Alter Punkt 9.00 Uhr. (Wenn es mittags wird, rinnt Dir der Tag davon, Du kommst nicht in eine Arbeitshaltung!)
  • Zieh Dich davor an und verbringe nicht den ganzen Tag im Pyjama. Das hilft in eine Arbeitshaltung zu kommen!
  • Stell Dir einen lauten Wecker am Smartphone, der den Zeitpunkt markiert, an dem du es in diese „Handy-Garage“ legst und sehe dies als Startschuss. Immer gleich, um die täglichen Diskussionen mit den Eltern (auch mit dem inneren Schweinehund) zu vermeiden!

@Eltern: Bitte an die „Handygarage“ vor Beginn und an die Beginn-Zeit der Studierphase erinnern. Kommen Diskussionen auf, an folgendes erinnern: „Du hast keine Schule, aber auch keine Ferien. Wir haben den Auftrag vom Staat, zu Hause zu arbeiten. Statt 5-8 h Schule und dann noch Hausübung können wir das Ganze ev. ein wenig kompakter ablaufen lassen, und du hast mehr Zeit für dich bzw. kannst gezielter oder in deinem individuellen Rhythmus vorgehen.“ Auf die Einhaltung der Beginn-Zeit bestehen. Wenn es nicht klappt, ev. gemeinsam 15 bis 20 min fix nach hinten verlegen, aber das dann einfordern!

Selber, aber nicht alleine

Du solltest UNBEDINGT immer wieder alleine arbeiten und nicht für jeden Strich Deine Eltern brauchen. Dennoch sind sie da, und Du kannst sie was fragen. Auch Deine Kollegen/innen. Gewöhne Dir aber nicht an, sie ununterbrochen zu kontaktieren, denn das bringt Dich aus der Konzentration. Lege Dir irgendwo einen farbigen Zettel hin, wo Du alle Deine Fragen notierst und kontaktiere sie nur in den längeren Pausen und arbeite dann alle Deine Fragen ab.

Lass das Handy dazwischen in der Garage, es sei denn, Du brauchst es für Recherchezwecke. Idealer dafür ist es, ein Notebook zu verwenden, bei dem Du für diese Zeit keine Social Media Tools öffnest, nur den Browser für Recherche bzw. Online-Lern-Tutorials bzw. Vernetzung mit Deinen Lehrern/innen.

@Eltern: Ein Computer, der ein Arbeitscomputer ist, kann wirklich hilfreich sein. Eventuell für diese Zeit WhatsApp und Co nur auf dem Handy verwenden, am Computer alles schließen. Die Kinder immer wieder daran erinnern.

Der Plan

Mach Dir einen Wochenplan und für jeden Tag, eine Tagesübersicht und besprich den mit Freunden/innen, Deinen Lehrern/innen oder Deinen Eltern. Tausche Dich darüber aus. Idealerweise ist jedes Arbeitspaket ein Post-it und es gibt eine Ziellinie, wo es nach Erledigung „rüber geklebt“ werden kann. Diese sollten bleiben und immer mehr werden, so siehst Du immer live, was Du schon alles geschafft hast.

@Eltern: Unterstützen Sie Ihr Kind jeden Wochenbeginn beim konkreten Zusammenstellen von Arbeitspakete für die Woche. Achten Sie darauf, dass Sie in der Nähe sind, greifbar bei Fragen und machen Sie aktiv aus, ob Sie nachfragen kommen sollen oder nur auf Anfrage kommen. Aber machen Sie das zum Thema, immer wieder. Fragen Sie nach: „Was nimmst du dir für heute vor?“, danach: „Was hast du heute geschafft? War was schwierig? Brauchst du wo Hilfe?“

Wenn Kinder merken, dass Sie mit Ihrem Job oder Sorgen gefordert sind, trauen sie sich oft nicht, Sie zusätzlich zu belasten! Darum ist es wichtig, dass wir unser Interesse zeigen.

Die Arbeitszeit sollte von 9.00 bis 12.30 dauern. Das sind nur 3,5 Stunden. Dann braucht es eine längere Mittagspause, weil dauernd von Videos lernen oder Dinge selber erarbeiten, erfordert eine sehr tiefe Konzentration, die man einfach nicht solange halten kann, sonst gibt es nur Frust.

Das zweite Setting, das für Schüler/innen in Deinem Alter wahrscheinlich nötig ist, sollte erst um 14.30 starten und 2 Stunden nicht überschreiten. So kommst Du abzüglich Pausen auf 5 Stunden Arbeitszeit. Alleine und konzentriert sollte das völlig ausreichen. Ab 16.30 Uhr solltest Du Dir fix Auszeit, sprich „Feierabend“ gönnen. (In der NMS reichen ev. sogar 1 bis 1,5 h am Nachmittag.)

Dies ist natürlich nur ein Vorschlag. Pass dies Deinen Bedürfnissen an!

@Eltern: Diese Studierzeit gehört gemeinsam festgelegt und für alle transparent gelebt. Geschwisterkinder sollten da nicht zu heftige Schreispiele spielen, das sollten Sie aktiv begleiten und Sie sollten ihr Kind an das Einhalten der Pausen erinnern, an Start- und Endzeiten.

Ich bin ein großer Fan von „weniger ist mehr“, weil ab einem gewissen Punkt Üben und Hausübung nicht mehr viel bringen und es viel mehr um die eigene Stimmung geht, in der wir lernen, damit es effektiv ist! Diese ist zu Hause viel schwieriger zu halten als in der Schule! Daher bitte, bitte die Kinder bei knackigen und effizienten Schulphasen unterstützen statt ständiges Lernen, gemischt mit allem anderen, viel schlechtem Gewissen und im Endeffekt wenig Output.

Die FREIE ZEIT ab ca. 16.00/16.30 Uhr könnte heilig sein. Junge Menschen, die um 22 h schlafen gehen, gewinnen so über 7 h für sich. Ab und zu (z.B. zweimal pro Woche bewusst noch am Abend eine Lernphase) kann hilfreich sein, da mit Abstand wiederholen immer Sinn macht. Gerade Vokabeln lernen, könnte z.B. ideal für sowas sein. Aber auch da: weniger ist mehr. Eine halbe Stunde Abendlernzeit in diese 7 h reinzupacken, würde gut passen.

Die hohe Konzentration ist zu Hause viel schwieriger zu halten als in der Schule! Die Qualität steht klar vor der Quantität, das hat die Hirnforschung längst bewiesen, machen wir uns das zu Nutze!

  • In den zwei Lernblöcken ist daher auf einen Flow zwischen Konzentrationsphasen und Pausen zu achten: Es gilt die Faustregel „Alter mal 2“ für zusammenhängende Konzentrationsphasen, dann sollten MINI-Pausen ohne Verlassen der Arbeitsatmosphäre folgen (kurze, bewegte Pausen: Stoßlüften und dabei Arme kreisen, Einbeinstand, Hampelmann springen, Jonglieren, kurz auf den Boden legen, kurz die Augen schließen und was vorstellen, träumen, ein Lied von einer CD anhören …) und weiter geht´s. Gerade wenn alles am Bildschirm zu lernen ist, braucht es die Pausen ganz dringend. Gegen 10.45 sollte eine 15 minütige Jausen-Pause folgen, gerne mit Handy, inkl. Start- und Schluss-Alarm am Handy.
  • Achte auf eine gute Abwechslung und lang genug Zeit für die einzelnen Fächer. Wähle nie zwei Sprachen direkt hintereinander!

Setting & Rahmen

Achte auf folgende Dinge und bitte Deine Eltern um Hilfe, wenn Du sie brauchst:

  • Wo ist ein guter Arbeitsplatz? (Küchentisch? Zimmer? -> wie FREI von anderen Dingen ist der?)
  • Wo lagerst Du Deine Unterlagen, dass es nicht aufwändig ist, sie zu holen?
  • Lernen mehrere Kinder, ist es wichtig, dass sie einander nicht stören. Genügend Abstand, unterschiedliche Zimmer (Kopfhörer, die die Geräusche wegfiltern, gibt es online ab 14 Euro.)
  • Das tägliche Pensum soll klar sein.
  • Wasserglas immer dabei

Konzentrationsschwierigkeiten – Motivationsprobleme

Verträumt, vergesslich, unkonzentriert, leicht abzulenken, überall nur nicht beim Heft … das ist oft bei „gezwungenen Aufgaben“, selten bei selbstgewählten und ist daher meistens eher ein falsch gedeutetes Motivationsproblem!

Konzentration liegt meist am Mangel an Wasser, Sauerstoff, Essen, Schlaf, Bewegung oder Pausen. Habe ich genug geschlafen? Gehe ich vielleicht zu spät schlafen? Ist daher eine wichtige Frage, die es sich lohnt zu verfolgen.

@Eltern: Gerade diese Altersgruppe beginnt oft, die Nacht zum Tag zu machen. Spielt das Kind heimlich in der Nacht Computer, versendet WhatsApp um 3.00 Uhr in der Früh … (Alles schon in der Praxis erlebt). Das ist natürlich unter der Woche für eine/n Schüler/in nicht zielführend. Trefft daher miteinander eine Vereinbarung. Die könnte z.B. in der Art sein, dass Ihr Kind am Freitag frei entscheiden kann, wann es ins Bett geht (und wenn es schon hell ist, darf keiner was sagen!) Und an allen anderen Tagen liegt die Schlafenszeit z.B. bei spätestens 22.00 Uhr. Idealerweise bleibt das Smartphone in der Nacht nicht im Kinderzimmer. Am besten geht das, wenn wir Eltern unsere Mobiltelefone auch nicht ins Bett mitnehmen (Vorbild!). Und kontrollieren Sie das. WLAN-Off-Stunden in der Nacht machen Sinn.

  • Wenn das Schlafen passt, kann es sein, dass ein kleiner Imbiss hilft, das geöffnete Fenster, die weiter oben erwähnten bewegten Pausen … , um die eigene Konzentration zu finden.

  • Und manchmal sind auch die Fragen sinnvoll: „Ist das Kind überfordert? Braucht es Hilfe zum Verstehen? (Online-Nachhilfe, Erklärungen durch die Lehrperson, Kollegen/innen ..?“ In diesem Fall ermutigen bzw. unterstützen Sie das Kind, Hilfe zu bekommen!)

  • Hatte es genug Freizeit? Lernt es zu viel?

Sonst geht es eher um die komplexeren Motivationsthemen, da hilft eventuell:

  • Wie kann ich Sinn finden, in dem was ich da mache? (Wofür kann das gut sein? Für welchen Beruf/Lebensentwurf/Studium brauche ich das? Wer sollte das wissen, können? Was baut möglicherweise auf dieses Wissen auf? Warum? … )
  • Wie kann ich aktiv Interesse für das Thema schaffen? Manchmal ist das Hirn auszutricksen, in dem man sich fragt: „Was habe ich davon schon mal gehört? Weiß ich irgendwas zu dem Thema ohne mir was anzuschauen?“ Bevor ich anfange, das mal sammeln. Sobald das Hirn merkt, da kommt neues Wissen, das sich mit Altem verknüpft, beginnt es, das als wichtig einzustufen und ist sehr wach und offen.
  • Da gibt es auch einen Trick für länger Texte, indem man diese ganz schnell mit dem Finger überfliegt und dann auf einem Zettel Fragen an den Text formuliert: Um was geht es hier? Was will ich wissen? … und damit ist das Hirn viel aktiver dabei, wenn ich den Text danach lese, als hätte ich gleich losgelesen.
  • @Eltern: Motivieren kann auch Zuspruch! Ich weiß, was Du bis jetzt schon alles geschafft hast, ich glaube an Dich! Nicken sie ihrem Kind stets aufmunternd zu. Sagen sie sowas wie, geht ja schon super, wird schon, lass dir Zeit,… einfach eine positive, unterstützende Atmosphäre schaffen.

  • @Eltern: Interessieren Sie sich für den Stoff um den es geht. Bitten sie das Kind Ihnen das zu erklären

  • @Eltern: Helfen Sie ihrem Kind, wenn es was nicht verstanden hat, wenn sie das können oder ermutigen sie es, die Lehrperson zu kontaktieren. Das ist Mitarbeit, während wir lernen, müssen wir nicht erwarten schon alles zu können!

  • @Eltern: Lassen Sie das Kind zum Erarbeiten oder Lernen alleine, vereinbaren Sie aber z.B. Unterstützung bei der Wiederholungsarbeit. Ausfragen und Abfragen ist angenehmer, wenn ich das nicht mit mir alleine mache, sondern mich wer anders frägt. Bewerten Sie die Antworten des Kindes nicht, auch wenn sie falsch sind. Einfach bewertungsfrei anmerken, das stimmt leider nicht. Soll ich es Dir sagen? (Auch das ist Wiederholung ;-)

  • Den Erfolg sichtbar machen, darum die Post-its, die man dann gleich weiterkleben kann, wenn man das geschafft hat.
  • Künstlichen Zeitdruck schaffen: „Ich stoppe mich! Ich bin gespannt, wie lange ich für diese Aufgabe brauche. Und los!“
  • Die Freie Zeit danach betonen: „Jetzt da durch, dafür am späten Nachmittag/Abend frei.“ Was wirst Du dann machen? Schreibe eine bunte DinA4 Seite voll, mit dem was Du dann machst, dass Du dich darauf freuen kannst.
  • Grundsätzlich gilt: „Je mehr ich selber wählen kann, umso höher wird meine Motivation normalerweise!“ Stell Dir die Abläufe daher selber zusammen.
  • Setze Dir Minimalziele und lobe Dich, wenn Du drüber gehst, statt einer unerreichbaren Latte, die so hoch liegt, dass Du sie niemals erreichen kannst. Also so in der Art: „Was will ich im Minimum heute schaffen?“
  • Akzeptiere Dich so, wie Du bist! Ermahne Dich nicht ständig, das alles nicht so zu machen, wie Du solltest, sondern versuche rauszufinden, wie Du tickst, was dabei gut läuft.

Nutze Lerntechniken und finde deine Zugänge

  • Probiere clevere, neue Lernmethoden aus: z.B. Tricks der Gedächtnisweltmeister
  • Erstelle rasch Kurzzusammenfassungen und lerne von denen, sondiere, minimiere und ordne den Lernstoff, klebe Dir diese Merkzettel in Dein Zimmer
  • Lerne abwechslungsreich und vielfältig. Finde raus, welcher Lerntyp Du bist! Nutze aber auch alle anderen Kanäle, die zum Lernstoff passen.
  • Mach Dir immer Skizzen, Zeichnungen und Mindmaps, gleich beim Zuhören/Lesen
  • Verwende bunte Farben, Post-its …
  • Nimm Dir die Vokabeln, die Du Dir nicht merken kannst auf und hör Dir das öfter an. Dann kannst du dabei auch mal deine Augen schließen, die sonst immer arbeiten müssen.
  • Versuche beim Lernen in Bewegung zu sein, sprich: schnapp Dir das Buch und geh auf und ab
  • Setze schlaue Eselsbrücken ein, verwende Assoziationen (z.B. Bilder zu Worten, Zahlen mit Bildern: z.B. statt 11 merkst Du Dir das Bild einer Fußballmannschaft, je irrer, je leichter)
  • Bitte Deine Eltern Dich auszufragen
  • Belohne Dich mit Kleinigkeiten (spezielles Getränk/Essen, heute schaue ich dafür 2 Folgen meiner Lieblingssendung, heute mache ich mir ein Bad …)
Photo by Annie Spratt on Unsplash